ADFC-Fahrradklima-Test: Krefeld mit Rekordbeteiligung wieder auf dem letzten Platz

644 Teilnehmende aus Krefeld waren 2024 beim ADFC-Fahrradklima-Test dabei, so viele wie noch nie. In der Größe der Städte zwischen 200.000 und 500.000 Einwohnern landet Krefeld mit einer Note von 4,51 mit einigem Abstand auf dem letzten, dem 25. von 25 Plätzen.

Es gibt in Deutschland keine Stadt über 200.000 Einwohner, die schlechter bewertet wurde als Krefeld.
Bei der Frage „Oberfläche der Wege für Radfahrer/innen“ ist Krefeld das Schlusslicht unter allen 1.047 Städten und Orten, die am 2024er Fahrradklima-Test teilgenommen haben.

Warum ist das so und wird sich das ändern?

Zunächst ist es keine neue Entwicklung, auch 2022 war Krefeld Letzter in dieser Städtegruppe. Inzwischen fragt man sich, ob man sich über den drittletzten Platz im Jahr 2018 sogar freuen soll.

Die Probleme sind also lange bekannt, Fahrradwüste Krefeld schrieb die taz 2022. Damals sorgte der Artikel noch für Aufregung – einige hielten ihn für zu provokativ, zu einseitig. Wenn man den Text heute liest, stellt man fest, dass vieles heute noch genau so ist, wie im Text beschrieben.

Kann man oder will man nicht?

Für das „nicht können“ gibt es eine Reihe von Gründen: Personalmangel, finanzielle Engpässe, gestiegene Baukosten, aufwendige Planungsverfahren etc..
Auch das aktuelle Haushaltsloch und das Aussetzen von Neueinstellungen sind Tatsachen, die (wieder) bremsen werden. Aber das war ja kein Dauerzustand in den letzten 10 Jahren!

Es ist aber zu viel passiert, das nicht erkennen lässt, das der Radverkehr in Politik und Verwaltung die nötige Priorität erfährt. Nötig jedenfalls, um vom stabilen letzten Platz des Fahrradklima-Tests weg zu kommen.
Aber will man das überhaupt? Dazu drei Beispiele:

Radverkehrskonzept

Neben der Promenade (dazu weiter unter) der zweite große Radverkehrs-Wurf in Krefeld. Fünf Jahre „kreißte der Berg und gebahr eine Maus“ (Horaz, 65 v. Chr). Fünf Jahre in denen fast jedes auch noch so kleine Projekt mit Hinweis auf das kommende Radverkehrskonzept vertagt wurde. Fünf Jahre, in denen kaum etwas weiterging.
Aber nun ist es da: Am 06. Mai im Rat beschlossen. Unter Finanzierungsvorbehalt. Mit einem Umsetzungsplan, der die wesentlichen, die großen Maßnahmen weit nach hinten schiebt.

Man könnte meinen, mit der Veröffentlichung der Ergebnisse des Fahrrad-Klima-Tests sechs Wochen danach, käme jetzt „mal richtig Rückenwind“ – ein Ansporn, der Umsetzung absolute Priorität zu geben.
Könnte man…. was in Krefeld aber genau einen Tag danach passiert, ist, dass die CDU Fraktion einen Antrag stellt, einen wesentlichen Punkt aus dem Konzept herauszunehmen: Jeder einzelne entfallene Parkplatz soll jetzt wieder den vollen politischen Hürdenlauf absolvieren.

Die CDU, die noch am 06.05. dem Radverkehrskonzept zugestimmt hatte (oder dem, was nach 5 Jahren davon übrig geblieben ist), diese CDU fängt bereits sechs Wochen nach Ihrer eigenen Zustimmung an, dagegen zu schießen!

Promenade

1999 wurde die Promenade als das große städtebauliche Projekt vorgestellt, es sollte ein Fahrrad-Highlight werden, das mit Anschluss an die Rad Fernwege nach Mönchengladbach und nach Duisburg, Krefeld auf die Fahrrad-Landkarte Deutschlands zurückbringt.
Nach 26 Jahren beginnt man nun, die Widmung der Verkehrsfläche anzugehen, zehn Jahre nachdem die Promenade in den Flächennutzungsplan aufgenommen wurde.
Der Förderantrag wurde „vergessen“, es wird weiter Verzögerungen geben (zum aktuellen Stand siehe hier.)

Heute gibt es zwei Einzelstücke, die nicht durchgehend befahrbar sind, die weder an die Innenstadt noch an den Hauptbahnhof angeschlossen sind.
Man könnte diese Sackgassen zum Inline-Skaten nutzen, wenn man nicht den Trennstreifen zwischen Rad- und Fußweg mit Kieseln aufgefüllt hätte, die für kleine Räder ein große Gefahr darstellen.
Bäume wurde unmittelbar neben der Verkehrsfläche gepflanzt, so als wenn es in Krefeld keine Erfahrung mit Wurzelaufbrüchen auf Radwegen gibt – ein wesentlicher Grund für die schlechten Benotung bei der Frage nach der Oberfläche der Wege.

Drängelgitter

Große bauliche Maßnahmen sind teuer, langwierig und aufwendig. Dagegen ist der Rückbau von Drängelgittern eine sogenannte „low-hanging-fruit“ – eine vergleichsweise kleine Arbeit mit großem Nutzen.
Dazu gibt es Rückenwind von der Landespolitik: Im „Pollererlass“ vom 18.01.2024 wird ausdrücklich dazu aufgefordert, nicht zwingend notwendige Barrieren auf Radwegen kurzfristig zurückzubauen.
Drei Monate nach diesem Erlass, wird die Verwaltung gefragt, wie man mit diesem Erlass umzugehen gedenkt und wie der aktuelle Stand ist.
In der Antwort heißt es, man habe sich zum Ziel gesetzt, mit der Überprüfung [der vorhandenen Umlaufsperren, Anm.] möglichst bald zu beginnen.
Das war im Juni 2024! Die einzige Prioritätenliste, die uns bekannt ist, ist die, die der ADFC/AktionsKReis der Verwaltung zur Verfügung gestellt hat.

Die bisherige Bilanz: Drei(!) Gitter wurden demontiert von aktuell 125 bei Openstreetmap verzeichneten – wobei an der Stelle Nerenbroicker Weg/Havelstraße „über Nacht“ ein neuer Poller gesetzt wurde. Offensichtlich aufgrund einer Beschwerde eines einzelnen(!) Bürgers.
Wo bleiben die Finanzengpässe, wenn man sie mal braucht? Wo war der Gang durch die politischen Gremien?
Wer das veranlasst hat und wie das passiert ist, sei derzeit nicht nachvollziehbar, so der Leiter des KBK.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt….

Eine weitere neue, eine besondere Umlaufsperre steht jetzt an der Anrather Straße: Fast hatte man sich gefreut, dass der Lückenschluss im Radweg nach 5(!) Jahren endlich gelungen ist, da stellt die Stadt an das neue Drängelgitter ein Schild „Radfahrer absteigen“ und ordnet damit zwischen den Umlaufsperren ein kurzes Stück Gehweg an.

Dass es besser geht – wenn man will – sieht man in Viersen: Dort wurden nach dem Pollererlass 84 Standorte untersucht mit dem Ergebnis, dass in 69% der Fälle die Poller entfernt wurden (oder kurzfristig entfernt werden) und 6% der Standorte umgestaltet werden. Nur in 25% der Fälle bleibt es unverändert, weil es an diesen Stellen aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist.

Wenig deutet darauf hin, dass der Wille da ist, Wesentliches an der Situation zu ändern.
ADFC und AktionsKReis stehen jedenfalls jederzeit für eine konstruktive Mitarbeitet zur Verfügung.
Noch gibt es die Hoffnung, dass das Radverkehrskonzept trotz Finanzierungsvorbehalt umgesetzt wird, noch gibt es die Hoffnung, dass z.B. der o.g. Antrag im Rat abgelehnt wird.

Die Stadt hat es in der Hand, beim nächsten ADFC-Fahrradklima-Test 2026 zu zeigen, dass Krefeld mehr kann!